Dienstag, 16. September 2014

Heimat

Wie aus einer Bahnfahrt eine Zeitreise durch mein Leben wurde und ich erkannte was Heimat bedeutet.


Immer wenn ich ein paar Tage nicht das Haus verlassen habe und auch sonst keinen Kontakt zur Außenwelt hatte, ist der erste Gang nach draußen so als erwache ich aus einem Traum. Ich entdecke, meine Umgebung neu, nehme sie intensiver wahr.
In diesem Zustand stieg ich in die Straßenbahn, um zu einem Seminar am anderen Ende der Stadt zu fahren. An der ersten Station fiel mein Bilck auf das leerstehende Einkaufsgebäude. Hier hatte ich eine Zeit lang eingekauft, jetzt wird es bald abgerissen und der Park wird erweitert. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lagen deutlich vor meinen Augen.
Als die Bahn in den U-Bahn-Schacht einfuhr bereitete sich nach kurzer Zeit dieser typische Geruch im Inneren aus und katapultierte mich geradewegs in die Vergangenheit. Ich sah mich wieder mit staunenden Augen vor der großen Maschine stehen, die sich, wie ein Maulwurf durch die Erde grub. Die Stadt hatte zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. Schon damals war da dieser Geruch, weder angenehm noch unangenehm, aber er gehörte nur zur U-Bahn, soviel war klar.
Nach dem die Bahn wieder das Tageslicht erblickte, sah ich als erstes auf einen Balkon. Er war noch von der Weltmeisterschaft geschmückt, voller Wimpel und Fähnchen in den Deutschlandfarben. Ich musste an 2006 denken, als die ganze Stadt voll war mit all diesen Fähnchen, Flaggen und Wimpeln. Es war eine herrliche Zeit, alles fühlte sich so leicht und beschwingt an. Ich glaube, wenn ich mal so richtig alt bin, dann werden diese beiden Ereignisse für mich eine Einheit gebildet haben, 2006 und der Weltmeistertitel.
Bei dem nächsten Halt schaute ich auf die Autobahn. Sie durchquert fast unsere ganze Stadt und ich kann mich jederzeit einfädeln in den Verkehrsfluss, der mich hinaus führt. Mein Gott, wie viele Kilometer ich schon auf Deutschlands Autobahnen unterwegs war, jedes Mal mit Freude und viel Spaß. Ich liebe das Autofahren. Es gehört für mich zu den schönsten Dingen in meinem Leben, mich in diesen Verkehrsfluss zu begeben und mit guter Musik über die Autobahn zu fliegen.
Die nächste Station brachte weniger gute Erinnerungen. Sie erinnerte mich an Jahre voller Krankheit und Abschied nehmen, von unbeschwerten Jahren, von Menschen, von Illusionen. Rückblickend betrachtet waren es die schwersten Jahre in meinem Leben überhaupt, bis jetzt zumindest.
Weiter ging die Fahrt an dem Krankenhaus vorbei, in dem ich meine Söhne zur Welt gebracht habe und endete im dem Stadtteil, in dem mein „Erwachsenenleben“ so richtig begann.
22 Minuten hat diese Fahrt gedauert, während ich gedanklich jahrzehntelang unterwegs war.
Als ich ausstieg, dachte ich, wie sehr meine Stadt doch mit meinem Leben verwoben ist. Es gibt unzählige Gebäude, Straßen und Plätze, die Teil meiner Lebensgeschichte sind. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit mit dieser Stadt und ich begann zu erahnen was Heimat bedeutet.

Samstag, 9. August 2014

Älter werden

Heute ist mein Geburtstag, 55 Jahre werde ich alt. Ich finde das ist eine tolle Zahl. Heute nacht breitete sich eine tiefe Ruhe in mir aus. Ich habe den Gipfel meines Lebens erreicht und ich kann sehen was da vor mir liegt.
Ich sehe eine wunderschöne Ebene, fern am Horizont kann ich erkennen, wie es enden wird. Es ist ein herrlicher Anblick. Am Ende der Ebene scheint der Himmel auf die Erde zu treffen und da steht eine kleine Treppe, die in die Wolken führt. Ich habe das Gefühl, ich habe noch alle Zeit der Welt mir diese Ebene genau anzusehen. Sie zu durchschreiten und zu genießen was ich sehe. Alles was in der Welt passiert hat mit mir nicht mehr wirklich was zu tun. Wer hätte das gedacht, für mich fühlt sich das Alter wie eine Vorstufe zum Paradies an und wenn ich irgendwann genug habe vom Lustwandeln auf der Ebene, dann gehe ich zu der Treppe, neugierig auf das, was sich hinter den Wolken verbirgt.

Freitag, 8. August 2014

Soziale Netzwerke - Segen oder Fluch?

Schreib doch, ich bin wieder da, sagt meine "alte" Freundin. Aber ich war ja nie weg oder doch? Ist mensch heutzutage nur noch "da", wenn man im Netz präsent ist? 
Ich war keine sechs Stunden bei Facebook online, da bekomme ich eine Freundschaftsanfrage von einem ehemaligen Austauschschüler. Er hat sich riesig gefreut mich wieder zu finden und er hätte immer wieder versucht mich über Facebook zu suchen. Aber wenn es ihm so wichtig war, warum hat er dann nicht einfach bei der Auskunft nach meiner Telefonnummer gefragt? Oder wissen die jungen Leute von heute nicht mehr, dass es sowas gibt?
Mein Sohn ist nur bei Facebook, weil sämtliche Gespräche und Verabredungen darüber laufen und er sonst nichts mitbekommt und es vergessen wird ihn zu informieren. Da sitzen dann alle im Schwimmbad und wundern sich warum er nicht da ist. 

Ohne das Internet scheint nichts mehr zu gehen.
Aber was passiert, wenn der Strom ausfällt.